§ 23 Abs. 3 BetrVG

Arbeitgeber zwingen

Weit häufiger als bei Betriebsräten kommt es vor, dass Arbeitgeber ihre gesetzlichen Pflichten verletzen, z.B. indem sie...

  • Mitbestimmungsrechte missachten (z.B. Mehrarbeit ohne Zustimmung des Betriebsrats anordnen)
  • dem Betriebsrat oder dem Wirtschaftsausschuss Informationen vorenthalten / verweigern
  • die Teilnahme an den gemeinsamen Sitzungen verweigern
In solchen und ähnlichen Fällen hat der Betriebsrat zwei Möglichkeiten, juristisch zu reagieren:
  • ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren
  • das Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG
In beiden Fällen würde sich der Betriebsrat an das zuständige Arbeitsgericht wenden (z.B. mit rechtlicher Unterstützung durch die Gewerkschaft) und dort den Antrag stellen, der Arbeitgeber möge sich doch an seine gesetzlichen Verpflichtungen halten. Im Erfolgsfall würde das Arbeitsgericht dann z.B. beschließen:
  • dass der Arbeitgeber etwas gesetzlich Vorgeschriebenes auch tatsächlich tut (z.B. die Kosten eines Betriebsrats-PCs übernehmen)
  • dass der Arbeitgeber etwas, das gegen ein Gesetz verstößt, unterlässt (dass er z.B. eine Videoüberwachung abbricht, bis eine Betriebsvereinbarung dazu abgeschlossen ist, oder dass er Mehrarbeit nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats anordnet)
  • dass der Arbeitgeber etwas zulässt, worauf der Betriebsrat und / oder die Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch haben (z.B. das Abhalten einer Betriebsversammlung ermöglichen)
Sowohl das "normale" arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren als auch das Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG dienen also im Prinzip dem gleichen Ziel: die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch den Arbeitgeber zu erzwingen!
Da stellt sich die Frage, was der Unterschied zwischen den beiden Verfahren ist?
Das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren dient immer der Entscheidung über eine rechtlich (bisher) nicht ganz eindeutig geklärte Frage.
Beispiel: Es geht um die Frage, ob der Betriebsrat einen rechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Information hat oder nicht. Das Arbeitsgericht würde die Frage prüfen und dann entscheiden. Dabei würde es entweder beschließen: "Du, Arbeitgeber, musst dieses oder jenes tun oder musst dieses oder jenes zulassen!" Oder: "Du, Betriebsrat hast dich geirrt, der von dir erhobene Anspruch ist rechtlich nicht begründet."
Das Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann hingegen nur eingeleitet werden, wenn es um einen groben Verstoß des Arbeitgebers gegen die Verpflichtungen aus dem BetrVG geht. Und das ist immer dann der Fall, wenn ein Anspruch des Betriebsrats (z.B. auf eine bestimmte Information) im Prinzip rechtlich geklärt ist, der Arbeitgeber sich aber trotzdem weigert, dem Folge zu leisten.
Rechtlich klar ist eine solche Frage immer dann, wenn z.B. das Bundesarbeitsgericht schon einmal in einem vergleichbaren Fall entsprechend entschieden hat.
Kurzum:
Ziel eines Verfahrens nach § 23 Abs. 3 BetrVG ist es, den Arbeitgeber dazu zu zwingen, sich einer klaren Rechtslage entsprechend auch zu verhalten! Zwang kann das Arbeitsgericht in diesen Fällen durch Verhängung eines Ordnungs- oder Zwangsgelds ausüben!
  • Ein Ordnungsgeld wird verhängt, wenn der Arbeitgeber veranlasst werden soll, eine Handlung (z.B. das Abhalten einer Betriebsversammlung) zu dulden oder selber eine Handlung (z.B. die Fortführung einer Videoüberwachung) zu unterlassen.
  • Ein Zwangsgeld wird verhängt, wenn der Arbeitgeber veranlasst werden soll, eine Handlung vorzunehmen (z.B. eine Information herauszugeben).
Die Höchstgrenze für ein solchen Ordnungs- / Zwangsgelds liegt bei 10.000 Euro.

§ 23 Abs. 3

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.