§ 35 Abs. 1+2 BetrVG

Das Beschlussaussetzungsverfahren

Die JAV soll wie auch die Schwerbehindertenvertretung speziell die Interessen der Arbeitnehmergruppe vertreten, von der sie gewählt wurde. Beide Interessenvertretungen haben allerdings dem Arbeitgeber gegenüber nur wenige eigene Befugnisse. Wollen sie eine Forderung durchsetzen, sind sie immer darauf angewiesen, dass der Betriebsrat sich diese Forderung (durch Beschluss) zu eigen macht und sie dann versucht durchzusetzen.

Da kann es selbstverständlich auch einmal zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Für diesen Fall ist ein nicht gerade unkompliziertes Verfahren vorgeschrieben.
Voraussetzung ist, dass die JAV oder die Schwerbehindertenvertretung der Meinung ist (und auch sachliche Gründe dafür hat), dass die Interessen von Jugendlichen / Auszubildenden oder Schwerbehinderten durch einen Beschluss des Betriebsrats "erheblich beeinträchtigt" werden!
In diesen Schritten läuft das Verfahren ab:
  • JAV oder Schwerbehindertenvertretung stellen die "erhebliche Beeinträchtigung" durch einen Beschluss fest.
  • Unter Mitteilung dieses Beschlusses stellen JAV oder Schwerbehindertenvertretung dann den Antrag an den Betriebsrat, dieser möge den strittigen Beschluss für eine Woche aussetzen.
  • Geht ein solcher Antrag beim Betriebsratsvorsitzenden ein, dann muss dieser so verfahren und die im Folgenden beschriebenen Schritte durchführen.
Ein Formulierungsvorschlag für einen solchen Beschluss der JAV findet sich hier und ein entsprechender Beschluss der Schwerbehindertenvertreung hier.
Und mit diesen Schritten geht es dann weiter:
  • Während der Zeit der Aussetzung darf der Betriebsrat seinen angefochtenen Beschluss zunächst nicht umsetzen.
  • Beide Seiten müssen die Wochenfrist nutzen und sich um eine Einigung bemühen.
  • Um diese Einigung herbeizuführen, kann (und sollte!) auch ein Gewerkschaftsvertreter eingeschaltet werden.
Haben die Einigungsversuche keinen Erfolg, dann gilt allerdings:
Letzten Endes kann der Betriebsrat seinen "alten" Beschluss noch einmal und diesmal endgültig fassen!
Dieser erneut gefasste, "alte" (oder nur unwesentlich geänderte) Betriebsratsbeschluss kann nicht noch einmal "ausgesetzt" werden. Das wäre nur möglich, wenn der Betriebsrat einen wirklich neuen Beschluss fasst, in dem JAV oder Schwerbehindertenvertretung wiederum eine "erhebliche Beeinträchtigung" der Interessen ihrer Klientel sehen.
JAV und Schwerbehindertenvertretung haben übrigens immer auch die Möglichkeit, durch Anträge an den Betriebsrat diesen dazu bringen, ein bestimmtes Thema auf die Tagesordnung der Betriebsratssitzung zu setzen und Beschlüsse dazu zu fassen.
Geregelt ist dies für die JAV in § 67 BetrVG und für die Schwerbehindertenvertretung in § 32 BetrVG...

§ 35

(1) Erachtet die Mehrheit der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder die Schwerbehindertenvertretung einen Beschluss des Betriebsrats als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der durch sie vertretenen Arbeitnehmer, so ist auf ihren Antrag der Beschluss auf die Dauer von einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlussfassung an auszusetzen, damit in dieser Frist eine Verständigung, gegebenenfalls mit Hilfe der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, versucht werden kann.
(2) Nach Ablauf der Frist ist über die Angelegenheit neu zu beschließen. Wird der erste Beschluss bestätigt, so kann der Antrag auf Aussetzung nicht wiederholt werden; dies gilt auch, wenn der erste Beschluss nur unerheblich geändert wird.

Musterbriefe & Co.

Auf dieser Seite sind Vorlagen für folgende Beschlüsse/Beispielschreiben verlinkt: