Freistellung sicherstellen

Wenn der Betriebsrat "ernst" macht mit einer effizienteren Organisation seiner Arbeit, dann wird das bedeuten, dass mehr Betriebsratsarbeit (auch von einzelnen Betriebsratsmitgliedern) außerhalb der Sitzungszeiten erledigt werden muss. Das wird nicht immer ohne Probleme abgehen. Grundsätzlich ist es so:
Jedes Betriebsratsmitglied entscheidet eigenverantworlich, wann und in welchem Umfang es Betriebsratsarbeit machen muss! Eine "Genehmigung" des Arbeitgebers oder einzelner Vorgesetzter ist dafür nicht notwendig! Das Betriebsratsmitglied muss sich bei seinem direkten Vorgesetzten lediglich abmelden!
Voraussetzung dafür ist (selbstverständlich):
Es muss sich tatsächlich um Betriebsratsarbeit handeln! Und diese Betriebsratsarbeit muss "erforderlich" sein!
Wichtig ist: Zur Betriebsratsarbeit gehört nicht nur die Teilnahme an Sitzungen, Ausschussarbeit oder Gesprächen mit dem Arbeitgeber. Vielmehr gehören auch Zeiten dazu, die ein einzelnes Betriebsratsmitglied zum Beispiel für Gespräche mit Arbeitnehmern, Telefonate (z.B. mit der Gewerkschaft), das Schreiben der Sitzungsniederschrift oder dem Lesen von Betriebsratsliteratur in Anspruch nehmen muss, usw.
Und dann schließt sich der Kreis, denn:
Ob, wann und in welchem Umfang Betriebsratsarbeit "erforderlich" ist, entscheidet das einzelne Betriebsratsmitglied allein!
Entscheident für das zeitliche Ausmaß für die Betriebsratsarbeit ist also, ob das Betriebsratsmitglied eine Erforderlichkeit sieht. Ein Stundenlimit gibt es im § 37 Abs. 2 BetrVG nicht.
Wenn der Arbeitgeber der Meinung sein sollte, dass ein Betriebsratsmitglied (oder der ganze Betriebsrat) zu viel Betriebsratsarbeit macht, oder wenn er glaubt, dass die Betriebsratsarbeit, für die sich ein Betriebsratsmitglied selbst "freigestellt" hat, nicht erforderlich gewesen ist, bleibt ihm nur der Weg zum Arbeitsgericht. Dort wird dann entschieden, ob die Betriebsratsarbeit im konkreten Fall wirklich erforderlich war oder nicht.
Allerdings ändert diese klare rechtliche Lage nichts daran, dass es im Einzelfall doch Schwierigkeiten und Ärger geben kann. Deshalb:
Der Betriebsrat als Gesamtgremium kann und sollte dem einzelnen Betriebsratsmitglied durch klare Beschlüsse den Rücken stärken!
Dafür gibt es verschiedene Wege:
Der Betriebsrat beschließt (schriftlich!), welche Betriebsratsmitglieder (und ggf. wann) z.B. an Ausschusssitzungen teilzunehmen haben. Dieser Beschluss wird dem Arbeitgeber zur Kenntnis gegeben. Oder der Betriebsrat informiert den Arbeitgeber in einem Monatsgespräch darüber, welches Betriebsratsmitglied welche Aufgaben übernommen hat.
Durch solche Beschlüsse und Formschreiben wird der unter Umständen drohende Ärger von den einzelnen Betriebsratsmitgliedern weg- und auf das ganze Betriebsratsgremium gezogen. Das macht es leichter, Schwierigkeiten durchzustehen. Außerdem:
Für jeden (wichtigeren) Arbeitsauftrag fasst der Betriebsrat entsprechende schriftliche Beschlüsse, die dem Betriebsratsmitglied in Kopie ausgehändigt werden (Formblatt "Arbeitsaufgabe" hier).
Natürlich kann der Betriebsrat(svorsitzende) nicht in jedem dieser Einzelfälle wieder eine Mitteilung an den Arbeitgeber schicken. Auch muss das Betriebsratsmitglied allein entscheiden können, wann es seinen Auftrag erledigen will. So ein schriftlicher Beschluss in der Tasche macht es aber doch leichter, sich "für Betriebsratsarbeit" beim Vorgesetzten abzumelden.

Sollte ein Betriebsratsmitglied trotzdem einmal Ärger mit seiner "Selbstfrei­stellung" bekommen, muss sich das Betriebsratsgremium energisch und sofort zur Wehr setzen (Beispielbrief zur Behinderung der Betriebsratsarbeit hier)!

Ganz wichtig:
Der Anspruch auf Freistellung, den jedes Betriebsratsmitglied hat, um die erforderlichen Aufgaben erledigen zu können, hat nichts mit der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern im Sinne des § 38 BetrVG zu tun. Der Anspruch aus § 37 Abs. 2 BetrVG wird also nicht vom § 38 BetrVG eingeschränkt.

Rechtsgrundlage

§ 37 Abs. 2 BetrVG
(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
§ 37 BetrVG kommentiert