§ 14 Abs. 2 BetrVG

Listen- oder Persönlichkeitswahl?

Es gibt zwei unterschiedliche Verfahren der "normalen" Betriebsratswahl:

  1. die Persönlichkeitswahl (im Gesetzestext: Mehrheitswahl)
  2. die Listenwahl (im Gesetzestesxt: Verhältniswahl)
Dabei klingt die Formulierung des Gesetzestextes so, als sei die Verhältniswahl / Listenwahl der "Normalfall". Das ist aber nicht unbedingt so...

1. Persönlichkeitswahl / Mehrheitswahl

So lange es nur einen Wahlvorschlag (eine Kandidatenliste) für die Betriebsratswahl gibt, findet die Wahl als sogenannte Mehrheitswahl statt!
"Mehrheitswahl" heißt:
  1. Die Wählenden haben die Möglichkeit, die von ihnen gewünschten Kandidaten einzeln auf einer Namensliste aufgeführten Kandidaten anzukreuzen, sie also persönlich auszuwählen (deshalb sagt man zu diesem Verfahren auch Persönlichkeitswahl).
  2. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet also direkt darüber, welche der zur Wahl stehenden Personen in den Betriebsrat kommen sollen.
Dabei gilt:
Es dürfen höchstens so viele Kandidaten angekreuzt werden, wie der zu wählende Betriebsrat Mitglieder haben muss (siehe § 9 BetrVG).

2. Listenwahl / Verhältniswahl

Nur wenn mehrere Wahlvorschläge (Kandidatenlisten) beim Wahlvorstand eingehen, dann muss die Betriebsratswahl als sogenannte Verhältniswahl durchgeführt werden!
Das heißt:
  1. Die Wählenden können sich nicht mehr gezielt die Menschen aussuchen, die sie gerne im Betriebsrat hätten, sondern sie müssen sich für eine der Kandidatenlisten entscheiden (deshalb sagt man zu diesem Verfahren auch Listenwahl).
  2. Jede Liste schickt dann so viele Kandidaten in den Betriebsrat, wie es dem Anteil der Stimmen entspricht, den die einzelne Liste bekommen hat – und zwar genau in der Reihenfolge, in der die Kandidaten auf der Liste gestanden haben.
Wie viele Betriebsratssitze einer Kandidatenliste im Verhältnis zur Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen zustehen, wird mit einem speziellen mathematischen Verfahren festgestellt: dem d'Hondtschen Höchstzahlensystem!

Dafür ist eine Tabelle zu erstellen, in deren Kopf jeweils die Stimmenzahl eingetragen wird, die die einzelnen Listen bekommen haben; danach werden diese Zahlen dann nacheinander durch 1, 2 usw. geteilt...

Beispiel:
   Liste A  Liste B  Liste C
   55 Stimmen 120 Stimmen 45 Stimmen
: 1  55,0 120,0  45,0
 : 2  27,5  60,0  22,5
 : 3  18,3  40,0  15,0
 : 4  13,8  30,0  11,3
 : 5  11,0  24,0  9,0
Zu wählen sind in diesem Beispiel 9 Betriebsratsmitglieder (siehe § 9 BetrVG). Herauszusuchen sind deshalb die 9 höchsten Zahlen in der Tabelle. Somit ist klar, dass Liste B mit 5 Mitgliedern und die Listen A und C mit jeweils 2 Mitgliedern im Betriebsrat vertreten sein werden.

Persönlichkeitswahl – ja aber...

Richtig ist:
Im Grundsatz ist die Persönlichkeitswahl die einfachere und demokratischere Alternative und deshalb zu bevorzugen!
Aber:
Auch wenn in einem Betrieb eigentlich die Persönlichkeitswahl beabsichtigt ist, muss immer damit gerechnet werden, dass (vielleicht nur eine Minute vor Ablauf der Einreichungsfrist) ein zweiter Wahlvorschlag eingereicht wird und dann doch eine Listenwahl nötig wird. Deshalb gilt:
Es sollte vorsichtshalber in jedem Fall auf eine durchdachte Reihenfolge der Kandidaten bei jedem Wahlvorschlag geachtet werden!

§ 14 Abs. 2

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.