§ 102 BetrVG

Bearbeiten eines Kündigungsfalls

In aller Kürze:

Informationsrechte als Voraussetzung!
Wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, eine Kündigung auszusprechen, dann muss er vorher den Betriebsrat darüber informieren und ihm Gelegenheit für eine Reaktion / Stellungnahme geben. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat anzuhören, gilt für jede Kündigung – egal, ob es sich um eine fristgerechte oder fristlose Kündigung handelt. Auch Kündigungen innerhalb der Probezeit gehören (unter anderen) dazu.

Der Betriebsrat hat bei einer fristgerechten Kündigung 7 Tage Zeit, um eine schriftliche Stellungnahme (Bedenken und / oder Widerspruch) abzugeben. Bei einer fristlosen Kündigung hat der Betriebsrat nur 3 Tage Zeit, schritflich Bedenken zu äußern.
Bedenken kann der Betriebsrat bei jeder Art einer beabsichtigten Kündigung äußern. Da der Arbeitgeber aber trotz geäußerter Bedenken die Kündigung rechtswirksam aussprechen kann, verbessert sich die Situation des Betroffenen rechtlich gesehen nicht.
Nur der Widerspruch hat konkrete rechtliche Folgen!
Ein Widerspruch des Betriebsrats ist Grundlage dafür, dass der zu Kündigende seine Weiterbeschäftigung bis zum Ende eines Kündigungsschutzprozesses verlangen kann. Einen Widerspruch kann der Betriebsrat allerdings nur gegen eine beabsichtigte "ordentliche" Kündigung einlegen.
Ziel des Betriebsrats: Weiterbeschäftigung!
Der Betriebsrat kann durch seinen Widerspruch eine Weiterbeschäftigung des von der Kündigung Bedrohten erreichen – aber nur bis zum Ende eines Kündigungsschutzprozesses. Ob es darüber hinaus eine Weiterbeschäftigung geben wird, hängt von der Entscheidung des Arbeitsgerichts ab (aber auch von den Gründen, aus denen der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat).
Echte Mitbestimmung als freiwillige Vereinbarung
§ 102 Abs. 6 BetrVG erlaubt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat für alle Kündigungsfälle eine echte Mitbestimmung vereinbaren.

Informationspflicht bei Massenentlassungen

Laut § 102 Abs. 7 BetrVG ist der Arbeitgeber nach § 17 Kündigungsschutzgesetz verpflichtet, beabsichtigte Massenentlassungen rechtzeitig der Bundesagentur für Arbeit zu melden. Auch der Betriebsrat ist darüber zu informieren, selbst wenn er nach § 102 Abs. 1 BetrVG bereits über die beabsichtigten Entlassungen informiert wurde.

Weiter im Thema...

          • § 102 Abs. 1 - Auf welche Informationen und Bearbeitungsfristen hat der Betriebsrat Anspruch? (...)
          • § 102 Abs. 2 - Wie nutzt der Betriebsrat seine rechtlichen Reaktionsmöglichkeiten? (...)
          • § 102 Abs. 3+4 - Wie formuliert der Betriebsrat einen rechtssicheren Widerspruch? (...)
          • Was muss der Betriebsrat tun, um eine Weiterbeschäftigung zu sichern? (...)
          • Betriebsrat und Artbeitgeber können ein echtes Mitbestimmungsrecht bei Kündigungsfällen vereinbaren (...)
          • § 102

            Mitbestimmung bei Kündigungen

            (1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
            (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
            (3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
            1. der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
            2. die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
            3. der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
            4. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
            5. eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
            (4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
            (5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
            1. die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
            2. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
            3. der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
            (6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
            (7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.