§ 76 BetrVG

Die Einigungsstelle

In aller Kürze:

Eine Einigungsstelle kann (initiiert durch Betriebsrat oder Arbeitgeber) gebildet werden, um Meinungsverschiedenheiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zu entscheiden. Neben der jeweils für die Klärung eines bestimmten Falls gebildeten Einigungsstelle (der Normalfall), kann auch die Bildung einer "ständigen Einigungsstelle" vereinbart werden (in der Praxis sehr selten). Es gibt zwei Arten von Einigungsstellenverfahren:
  • erzwingbares Einigungsstellenverfahren (zur Entscheidung über ein mitbestimmungspflichtiges Problem)
  • freiwilliges Einigungsstellenverfahren (auf das sich Betriebsrat und Arbeitgeber zur Klärung jedes Problems einigen können)
Betriebsrat und Arbeitgeber benennen für die Einigungsstelle eine gleiche Zahl von Beisitzern (in der Regel je zwei bis drei). Beide Seiten einigen sich auf einen unparteiischen Vorsitzenden (meist ein Arbeitsrichter). Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht über die Zahl der Beisitzer oder die Person des Vorsitzenden einigen, entscheidet das zuständige Arbeitsgericht über die Zusammensetzung der Einigungsstelle.
Ist die Einigungsstelle zusammengesetzt, übernimmt der Vorsitzende der Einigungsstelle alles Weitere (Terminfestlegung, Einladung der Beisitzer usw.). Der Ablauf folgt grob diesem Schema:
  • Bestandsaufnahme und Anhörung der "Parteien" (Betriebsrat / Arbeitgeber)
  • Beratung des Falls
  • Vorschlag eines Beschlusses durch den Einigungsstellen-Vorsitzenden
  • erste Abstimmung ohne Beteiligung des Vorsitzenden und (eventuell) Mehrheitsbeschluss
  • wenn kein Mehrheitsbeschluss erreicht wurde: zweite Abstimmung bei der die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt
Wenn für erzwingbare Einigungsstellenverfahren eine der beiden "Parteien" (Betriebsrat / Arbeitgeber) keine Beisitzer benennt oder wenn die Beisitzer nicht zur Sitzung erscheinen, entscheiden die Beisitzer der einen Seite und der Vorsitzende allein.
In seltenen Ausnahmefällen kann die Entscheidung einer Einigungsstelle beim Arbeitsgericht angefochten werden.
  • Bei freiwilligen Einigungsstellenverfahren müssen beide "Parteien" die Entscheidung der Einigungsstelle vorab akzeptieren.
  • In Einigungsstellenverfahren können nur Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geklärt werden. Ansprüche einzelner Arbeitnehmer können von diesen auch gegen die Entscheidung der Einigungsstelle gerichtlich erstritten werden.
  • Gewerkschaft und Arbeitgeber können die Einrichtung einer tariflichen Schlichtungsstelle vereinbaren, die auch die Aufgaben einer betrieblichen Einigungsstelle übernimmt.

Weiter im Thema...

          • § 76 Abs. 1 - Welche Arten von Einigungsstellen(verfahren) gibt es? (...)
          • § 76 Abs. 2 - Wie wird die Einigungsstelle gebildet und zusammengesetzt? (...)
          • § 76 Abs. 3+4 - Wie läuft das Einigungsstellenverfahren dann ab? (...)
          • § 76 Abs. 5 - Wann und wie kann ein Einigungsstellenverfahren erzwungen werden? (...)
          • § 76 Abs. 6-8 - Das freiwillige Einigungsstellenverfahren und zwei andere seltene Rechtsfragen (...)
          • § 76

            Einigungsstelle

            (1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
            (2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
            (3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
            (4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
            (5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
            (6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
            (7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
            (8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.