§ 91 BetrVG

Mitbestimmungsrecht - wann?

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen geht. Im betrieblichen Alltag, spielt der § 91 BetrVG seltener eine Rolle. Für die Verbesserungen an bestehenden Arbeitsplätzen, ist die Mitbestimmung des Betriebsrats über den § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG effektiver einsetzbar; z.B. bei der Mitgestaltung und Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung ( § 5 ArbSchG).
Dieses Mitbestimmungsrecht nach § 91 BetrVG ist allerdings mehrfach stark eingeschränkt:
Ein Mitbestimmungsrecht bei der Änderung von Arbeitsplätzen, Arbeitsablauf oder Arbeitsumgebung hat der Betriebsrat nur, wenn eine der genannten Änderungen...
  • den "arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit" widerspricht, wenn
  • dies "offensichtlich" so ist und wenn es
  • mit einer "besonderen Belastung" verbunden ist
Die verwendeten Begriffe im Einzelnen:

Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnis

  • Eine arbeitswissenschaftliche Erkenntnis über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit ist zunächst einmal das, was in einschlägigen Normen und Vorschriften festgelegt ist - das sind zugleich auch die Mindestanforderungen an die Gestaltung der Arbeitsbedingungen!
  • Aber auch alle in der internationalen Arbeitswissenschaft mithilfe anerkannter wissenschaftlicher Methoden gewonnenen Erkenntnisse gehören mit zu den "gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen"!
  • Das wird ein Betriebsrat allein nicht wissen und beurteilen können, sondern er wird sich durch einschlägige Fachzeitschriften (siehe § 40 BetrVG) vorinformieren und dann fachkundige Unterstützung in Anspruch nehmen müssen (§ 80 Abs. 3 BetrVG)!

Offensichtlicher Widerspruch

  • Ob nun eine geplante Änderung der Arbeitsbedingungen den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen "offensichtlich" widerspricht, wird der Betriebsrat ebenfalls nur mit fachkundiger Unterstützung beurteilen können! Konkret bedeutet dieser Begriff nämlich, dass...
  • ein Fachkundiger ohne größeren Forschungsaufwand erkennen kann, dass durch die geplante Änderung der Arbeitsbedingungen gegen eine anerkannte arbeitswissenschaftliche Erkenntnis verstoßen würde!

Besondere Belastung

Hier gibt es mal eine gute Nachricht:
Dass eine geplante Änderung der Arbeitsbedingungen nicht nur arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen offensichtlich widerspricht, sondern außerdem auch noch zu "besonderen Belastungen" der Arbeitnehmer führen wird, das muss der Betriebsrat nicht (!) extra nachweisen!
Denn es gilt:
Wenn eine geplante Arbeitsänderung offensichtlich gegen gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse verstößt, dann muss das logischerweise immer mit besonderen Belastungen für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden sein, so dass der Betriebsrat diese "besondere Belastung" nicht extra nachweisen muss.
Eine weitere starke Einschränkung des "Mitbestimmungsrechts" nach § 91 BetrVG liegt darin, dass der Betriebsrat nur bestimmte Gegenmaßnahmen verlangen und durchsetzen kann... Mehr dazu im nächsten Schritt.

§ 91

Werden die Arbeitnehmer durch Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.