§ 107 Abs. 3 BetrVG

Alternative zum Wirtschaftsausschuss

Statt die Aufgaben des § 106 BetrVG einem Wirtschaftsausschuss zu übertragen, kann ein Betriebsrat / Gesamtbetriebsrat, wenn er 9 oder mehr Mitglieder hat, auch einen eigenen Ausschuss für Wirtschaftsfragen (der Name tut nichts zur Sache) bilden!

Dafür sind folgende Schritte nötig:
  • Der Betriebsrat / Gesamtbetriebsrat (wie gesagt: mindestens 9-köpfig!) fasst den Beschluss, einen Ausschuss nach § 107 Abs. 3 BetrVG zu bilden und ihm die Aufgaben nach § 106 BetrVG zu übertragen.
  • Dieser Beschluss erfordert die Zustimmung durch die Mehrheit aller Betriebsrats- / Gesamtbetriebsratsmitglieder (also nicht nur die Mehrheit der bei der Sitzung anwesenden Mitglieder).
  • Die Wahl der Ausschussmitglieder erfolgt immer als Persönlichkeitswahl, d.h. es gibt nur eine Liste mit allen Kandidaten, aus der die Betriebsrats- / Gesamtbetriebsratsmitglieder wählen können (mit höchstens so vielen Stimmen wie der Ausschuss Mitglieder haben soll).
  • Das Ergebnis der Wahl wird protokolliert. Der Arbeitgeber wird in einer Mitteilung informiert (nach dem gleichen Muster wie bei der Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses - Beispielschreiben hier).
Da solch ein "Ausschuss für Wirtschaftsfragen" exakt die gleichen Aufgaben, Rechte und Pflichten hätte wie ein Wirtschaftsausschuss nach § 107 Abs. 1 BetrVG stellt sich die Frage, warum der Betriebsrat / Gesamtbetriebsrat diesen Umweg gehen sollte?
Zur Erinnerung:
  • Es sollten so viele Betriebsrats- / Gesamtbetriebsratsmitglieder wie möglich in den Wirtschaftsausschuss geschickt werden, um so Informationsumwege und -verluste möglichst zu vermeiden.
  • Allerdings: Ein "richtiger" Wirtschaftsausschuss darf nicht mehr als 7 Mitglieder haben (bereits ein 9-köpfiger Betriebsrat könnte also nicht mehr komplett auch als Wirtschaftsausschuss tätig werden).
Ein nach § 107 Abs. 3 BetrVG gebildeter "Ausschuss für Wirtschaftsfragen" könnte aber deutlich größer sein als der "normale" Wirtschaftsausschuss nach § 106 Abs. 1 BetrVG!
Und das sind die Regeln:
  • Ein "Ausschuss für Wirtschaftsfragen" nach § 107 Abs. 3 BetrVG darf ebensoviele Mitglieder haben wie der für Betriebsräte oder Gesamtbetriebsräte vorgeschriebene Betriebsausschuss / Gesamtbetriebsausschuss (bei einem 9-köpfigen Betriebsrat also 5 Mitglieder).
  • Zusätzlich darf der Betriebsrat / Gesamtbetriebsrat dann noch einmal die gleiche Zahl "weiterer Mitglieder" in den Ausschuss wählen (darunter auch sachkundige Arbeitnehmer).
Beispiel:
Ein 9-köpfiger Betriebsrat mit einem 5-köpfigen Betriebsausschuss (siehe § 27 BetrVG) wählt zunächst diese 5 Mitglieder in den "Ausschuss für Wirtschaftsfragen" und dann als "weitere Mitglieder" die restlichen 4 Mitglieder - dazu dann vielleicht noch das am häufigsten zum Einsatz kommende Ersatzmitglied).
Wie man an der folgenden Tabelle sieht, gelingt es natürlich nur bis zu einer gewissen Grenze, alle Betriebsrats- / Gesamtbetriebsratsmitglieder in den "Ausschuss für Wirtschaftsfragen" zu hieven - aber immerhin...
Betriebsratsmitglieder Betriebsausschuss BR-Ausschuss für Wirtschaftsfragen
9 bis 15 5 Mitglieder 10 Mitglieder
19 bis 23 7 Mitglieder 14 Mitglieder
27 bis 35 9 Mitglieder 18 Mitglieder
37 und mehr 11 Mitglieder 22 Mitglieder
Die gleichen Größenangaben gelten natürlich für den Gesamtbetriebsrat / Gesamtbetriebsausschuss.

§ 107 Abs. 3

(3) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder beschließen, die Aufgaben des Wirtschaftsausschusses einem Ausschuss des Betriebsrats zu übertragen. Die Zahl der Mitglieder des Ausschusses darf die Zahl der Mitglieder des Betriebsausschusses nicht überschreiten. Der Betriebsrat kann jedoch weitere Arbeitnehmer einschließlich der in § 5 Abs. 3 genannten leitenden Angestellten bis zur selben Zahl, wie der Ausschuss Mitglieder hat, in den Ausschuß berufen; für die Beschlussfassung gilt Satz 1. Für die Verschwiegenheitspflicht der in Satz 3 bezeichneten weiteren Arbeitnehmer gilt § 79 entsprechend. Für die Abänderung und den Widerruf der Beschlüsse nach den Sätzen 1 bis 3 sind die gleichen Stimmenmehrheiten erforderlich wie für die Beschlüsse nach den Sätzen 1 bis 3. Ist in einem Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat errichtet, so beschließt dieser über die anderweitige Wahrnehmung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses; die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend.