§ 111 BetrVG

Geplante Betriebsänderungen

Damit die speziellen Rechte und Möglichkeiten aus § 112, 112a und 113 BetrVG (insbesondere: Interessenausgleich, Sozialplan) zum Tragen kommen können, muss zunächst festgestellt werden, ob es sich bei einer geplanten Veränderung / Rationalisierungsmaßnahmen überhaupt um eine Betriebsänderung handelt.
Dabei ist zu bedenken, dass der Arbeitgeber nicht unbedingt selbst darüber informiert, dass eine Betriebsänderung vorliegt. Vielmehr können sich auch ganz "normale" Informationen im Sinne der §§ 90 oder 106 BetrVG als Betriebsänderung herausstellen, weil beispielsweise die Änderung der Arbeitsabläufe Nachteile für Arbeitnehmer haben  kann.

Darum kommt es ganz entscheidend darauf an, dass der Betriebsrat alle Informationen des Arbeitgebers kritisch hinterfragt und so ggf. selbst erkennt, dass eine Betriebsänderung vorliegen könnte.
Dafür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

1. wesentliche Nachteile

Die geplante Maßnahme muss wesentliche Nachteile für die von ihr betroffenen Arbeitnehmer zur Folge haben. Darunter fallen auch durchaus nicht nur Entlassungen. Auch eventuell drohende Versetzungen, Arbeitserschwernisse, Arbeitsverdichtung, Änderungen der Qualifikationsanforderungen, geringeres Entgelt, zusätzliche Fahrtkosten oder längere Wege als Folge einer Arbeitsplatzverlegung sind "wesentliche Nachteile".
Es kann also durchaus sein, dass es in einem wirtschaftlich wachsenden Unternehmen, das den Neubau einer Produktionsstätte an einem anderen Standort plant, zu Nachteilen bei den Arbeitnehmern kommen kann (Versetzungen, längere Fahrwege usw.) und daher der Betriebsrat von einer Betriebsänderung ausgehen muss.
Wichtig ist dabei:
Der Betriebsrat muss nicht beweisen können, dass diese Nachteile eintreten. Es genügt, wenn er ihr eventuelles Eintreten einigermaßen schlüssig begründen kann!

2. ein erheblicher Teil der Belegschaft

Die zweite Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsänderung ist, dass von den wesentlichen Nachteilen entweder die ganze Belegschaft oder mindestens ein erheblicher Teil betroffen ist.
Für die Frage, wie groß so ein "erheblicher Teil" der Belegschaft wäre, kann sich der Betriebsrat an den Größenangaben des § 17 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (Massenentlassungen) orientieren. Die dort genannten Grenzen dienen aber nur der ungefähren Orientierung, müssen also nicht exakt eingehalten werden (eine Übersicht hier).

Unternehmen mit mehreren Betrieben

Der § 111 bezieht sich auf das Unternehmen und nicht auf den Betrieb. Das speilt dann keine Rolle, wenn ein Unternehmen nur einen Betrieb unterhält. Hat ein Unternehmen aber mehrere Betriebe (siehe § 1 BetrVG), kann diese Frage interessant werden.
Dabei gelten folgende Grundsätze:
  • Gibt es im Unternehmen mehrere Betriebe, mehrere Betriebsräte und demzufolge auch einen Gesamtbetriebsrat und wirkt sich die geplante Betriebsänderung auf das gesamte Unternehmen aus, dann ist der Gesamtbetriebsrat dafür zuständig.
  • Betrifft die Betriebsänderung aber nur einen der Betriebe, ist der örtliche Betriebsrat zuständig.

§ 111

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten
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