§ 111 Nr. 1-5 BetrVG

Vordefinierte Betriebsänderungen

Einige Fälle von Betriebsänderungen sind im Gesetzestext ausdrücklich genannt. Liegt eine dieser Maßnahmen vor, muss der Betriebsrat nicht extra begründen, dass sie wesentliche Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer mit sich bringen könnte.

Diese vordefinierten Fälle zeigen, dass sich die einzelnen Maßnahmen, die eine Betriebsänderung darstellen können, nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen - was in der Praxis jedoch keine Rolle spielt.
Entscheidend ist immer nur, ob die Änderungen jeweils "wesentliche Nachteile" zur Folge haben können oder mindestens einen "erheblichen Teil" der Belegschaft betreffen (mehr dazu hier) – was in jedem Einzelfall zu untersuchen und zu bewerten ist.
In der Praxis kommt es jedenfalls sehr viel häufiger vor, dass eine Betriebsänderung als eine solche nicht erkannt wird, als umgekehrt. Insbesondere auch dann, wenn eine Umorganisation im Betrieb in mehreren Staffeln (u.U. über mehrere Jahre verteilt) durchgeführt wird, und die einzelnen Schritte nicht erkennen lassen, dass es sich im Grunde um eine zusammen hängende Maßnahme handelt.

1. Einschränkung und Stilllegung

Eine komplette und auf Dauer angelegte Auflösung von Arbeitsplätzen ist immer eine Betriebsänderung, auch wenn davon nur ein Betriebsteil (z.B. eine Abteilung) betroffen ist.
Allerdings:
Der betroffene Betriebsteil muss ein "wesentlicher" Teil des Gesamtbetriebs sein. Das ist immer dann der Fall, wenn
  • in ihm ein wesentlicher Teil der Belegschaft betroffen ist (zu den Größenordnungen eine Übersicht hier) oder wenn
  • der Betriebsteil für den Gesamtbetrieb von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist (was sich aber so gut wie immer begründen lässt)

2. Verlegung

Die dauerhafte Verlegung eines Betriebs oder (wesentlichen) Betriebsteils an einen anderen Ort ist immer eine Betriebsänderung.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betrieb im Prinzip ortsgebunden arbeitet (was z.B. bei einer Baustelle nicht der Fall wäre) und wenn sich der neue Standort nicht z.B. nur auf der anderen Straßenseite befindet.

3. Zusammenschluss oder Spaltung

Die Zusammenlegung von Betrieben oder die Aufspaltung eines Betriebs in mehrere Betriebe ist immer eine Betriebsänderung. Dabei spielt es keine Rolle, ob die zusammengeschlossenen Betriebe ursprünglich mehreren Unternehmen gehört haben oder ob die aus der Spaltung hervorgehenden Betriebe mehreren Unternehmen gehören werden - entscheidend ist immer nur, ob sich die Betriebsorganisation oder der Betriebszweck entsprechend ändern.

4. Änderungen von Betriebsorganisation, -zweck, -anlagen

Eine grundlegende Änderung
  • der Betriebsorganisation (z.B. Umstellung auf digitale Datenverarbeitung oder Fremdvergabe von Arbeiten)
  • des Betriebszwecks (z.B. Umstellung der Produktion oder Wegfall von Tätigkeiten) oder
  • der Betriebsanlagen (z.B. Einführung neuer Produktionsverfahren oder Umstellung von Formular- auf Bildschirmverarbeitung)
ist immer eine Betriebsänderung.
Grundlegend bedeutet, dass es sich bei einer Maßnahme nicht nur um eine mehr oder weniger alltägliche Veränderung (z.B. Umstellung der Produktion von einem Produkttyp auf einen neuen) handeln darf, sondern um einen "qualitativen Sprung" (wie der Übergang von zentralisierter zu dezentralisierter Produktion, die Ersetzung von handgesteuerten durch CNC-Maschinen, die Einführung eines umfassenden Qualitätsmanagements usw.). Auch die Frage, ob eine wesentlicher Teil der Belegschaft von der Maßnahme betroffen sein wird, kann eine Rolle spielen.

5. Neue Arbeitsmethoden / Fertigungsverfahren

Die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden (z.B. der Wegfall einzelner Tätigkeiten oder Umstellung auf Gruppenarbeit) und Fertigungsverfahren (z.B. Umstellung softwaregestützte Konstruktion) ist immer eine Betriebsänderung.

§ 111 Nr. 1-5

[...] Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten:
1. Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.