§ 74 Abs. 2 BetrVG

Arbeitskampf und Betriebsfrieden

In Deutschland ist (anders als in anderen Ländern) jede Art des Arbeitskampfs zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber verboten:

  • Der Betriebsrat darf also nicht, um einer seiner Forderungen Nachdruck zu verleihen, zu einem (Bummel-)Streik aufrufen!
  • Der Arbeitgeber darf seine Beschäftigten nicht "aussperren", um damit vielleicht eine vom Betriebsrat bekämpfte Maßnahme doch durchzusetzen!
Darüber hinausgehend müssen Betriebsrat und Arbeitgeber alle Maßnahmen unterlassen, die den Arbeitsablauf oder Betriebsfrieden beeinträchtigen könnten!
Einige Beispiele:
  • rechtswidrige Maßnahmen zur Unterbrechung des Arbeitsablaufs (Betriebsrat oder Abteilungsleiter gehen rum und stellen Maschinen ab)
  • bewusste Verbreitung von Lügen über die jeweilige Gegenseite z.B. durch Flugblätter oder Rund-Mails
  • Abreißen von Aushängen des Betriebsrats durch den Arbeitgeber
Aber Achtung:
Das heißt nicht, dass Aktionen und Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber den Arbeitsablauf niemals stören oder nicht auch "kämpferisch" sein dürfen.
Rechtmäßige Aktionen (wie z.B. eine Flugblattverteilung), mit denen zutreffende Sachinformationen und zulässige Meinungsäußerungen verbreitet werden, wären in keinem Fall eine "Störung des Betriebsfriedens"!
Denn in einem solchen Fall wären es ja nicht die Aktionen (z.B. eine Flugblattverteilung), sondern das in die Zuständigkeit des Betriebsrats fallende Problem selbst, das eventuell zu Unruhe und Unfrieden in der Belegschaft führen würde.
Auch das Führen rechtlicher Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel, Rechte des Betriebsrats einzufordern oder zu sichern, gelten selbstverständlich nicht als eine Störung des Betriebsfriedens oder gar als Kampfmaßnahme.

Parteipolitik verboten?

Alle Bürger dürfen sich parteipolitisch betätigen (und Arbeitgeber, Arbeitnehmer sowie Betriebsratsmitglieder gehören natürlich dazu) - auch im Betrieb. Nur dürfen solche Aktionen weder den Arbeitsablauf noch den Betriebsfrieden stören.
Für Betriebsratsmitglieder und für den Arbeitgeber gilt allerdings, dass ihnen immer dann, wenn sie im Rahmen ihrer Aufgaben (ihrer "Rolle") auftreten oder offizielle Stellungnahmen abgeben, jede parteipolitische Betätigung verboten ist!
Einige Beispiele:
  • Weder Betriebsrat noch Arbeitgeber dürften in Aushängen oder durch Plakate auf ihren Informationsbrettern Werbung für eine Partei machen.
  • Im Rahmen offizieller Stellungnahmen oder in einer Betriebs-(rats-)Zeitung darf nicht zur Wahl einer bestimmten Partei aufgerufen werden.
  • Der Betriebsrat dürfte nicht den örtlichen Bundestagskandidaten einer Partei zur Betriebsversammlung einladen, damit der dort für seine Wiederwahl werben kann.
Aber:
  • Zu sozial-, wirtschafts- oder tarifpolitischen Themen, die mit Arbeitnehmer- oder den Betriebsinteressen etwas zu tun haben, dürfen sich Betriebsrat und Arbeitgeber auch offiziell äußern.
  • Ebenso dürfte der Betriebsrat einen Politiker zu einer Betriebsversammlung einladen, wenn dieser dort z.B. zu einer konkreten sozialpolitischen Frage Stellung nehmen soll...

§ 74 Abs. 2

(2) Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind unzulässig; Arbeitskämpfe tariffähiger Parteien werden hierdurch nicht berührt. Arbeitgeber und Betriebsrat haben Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der Frieden des Betriebs beeinträchtigt werden. Sie haben jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen; die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer, umweltpolitischer und wirtschaftlicher Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, wird hierdurch nicht berührt.