§ 77 Abs. 1+2 BetrVG

Abschluss und Durchführung

Es gibt zwei Arten von Betriebsvereinbarungen:
  1. "erzwingbare" Betriebsvereinbarungen - das heißt: der Betriebsrat hat zum Regelungsthema (siehe z.B. § 87 BetrVG) ein echtes Mitbestimmungsrecht (siehe "Beteiligungsrechte") und kann deshalb eine Regelung mithilfe eines Einigungsstellenverfahrens (§ 76 BetrVG) "erzwingen"
  2. "freiwillige" Betriebsvereinbarungen - das heißt: der Betriebsrat kann in allen Fällen, in denen er kein echtes Mitbestimmungsrecht hat (z.B. betrieblicher Umweltschutz) versuchen, sich ohne das Druckmittel Einigungsstelle mit dem Arbeitgeber auf eine Regelung zu einigen (siehe § 88 BetrVG)
Die im Folgenden erläuterten Regelungen des § 77 BetrVG gelten (mit Ausnahme des Nachwirkungsprinzips – siehe § 77 Abs. 6 BetrVG) sowohl für erzwingbare als auch für freiwillige Betriebsvereinbarungen!
Dabei gilt zunächst einmal:
Egal, ob eine Betriebsvereinbarung freiwillig oder erzwingbar, ob sie durch Verhandlungen oder durch einen Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist, in jedem Fall ist sie genauso verbindlich wie ein allgemeines Gesetz.
Allerdings:
Jede Betriebsvereinbarung ist allen Gesetzen, Verordnungen und auch Tarifverträgen nachgeordnet (eine Übersicht zur "Hierarchie des Arbeitsrechts" findet sich hier). Was aber kein echtes Problem ist, denn in jedem Fall gilt das Günstigkeitsprinzip.
Und Günstigkeitsprinzip bedeutet konkret:
Ein Tarifvertrag darf keine für die Arbeitnehmer ungünstigeren Regelungen enthalten als ein Gesetz! Und eine Betriebvereinbarung darf die Arbeitnehmer nicht schlechter, sondern nur besser stellen, als Tarifverträge und Gesetze dies bereits tun!
Ausnahme: Ein Tarifvertrag enthält eine Öffnungsklausel, die auch schlechtere betriebliche Regelungen zulässt (mehr dazu in § 77 Abs. 3 BetrVG), was selten der Fall ist.
Für Betriebsvereinbarungen hat sich ein bestimmter Grundaufbau bewährt, der aus folgenden Bestandteilen besteht:
  • Überschrift
  • Vorbemerkung / Präambel
  • Geltungsbereich
  • die eigentlichen Regelungen
  • in-Kraft-Treten, Beendigung, Nachwirkung
Eine etwas ausführlichere Übersicht findet sich hier...
Ist eine Betriebsvereinbarung zustande gekommen, dann muss der Arbeitgeber die darin geregelten Maßnahmen durchführen!
Dabei gilt es einige Regeln zu beachten:
  • Der Arbeitgeber hat nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, die Inhalte der Betriebsvereinbarung umzusetzen.
  • Umgekehrt heißt das: Der Betriebsrat hat nicht das Recht, direkt in die Umsetzung einzugreifen, also z.B. selber die Durchführung einer Maßnahme anzuordnen.
  • Verweigert der Arbeitgeber die Umsetzung einer Betriebsvereinbarung, kann der Betriebsrat ihn durch ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht (§ 23 Abs. 3 BetrVG) dazu zwingen.
Der letzte Schritt zum wirksam werden ist:
  • Die Vereinbarung muss schriftlich verfasst werden und
  • von beiden Seiten - also Arbeitgeber und Betriebsrat - unterschrieben werden.
  • Wird die Vereinbarung elektronisch verfasst, müssen beide Seiten das gleiche Dokument elektronisch signieren (elektronische Unterschrift)
  • Außerdem muss der Betriebsrat der Vereinbarung zugestimmt haben (Beschluss). 
Ist die Betriebsvereinbarung abgeschlossen, dann gilt:
Alle Arbeitnehmer müssen den Inhalt der Betriebsvereinbarung (aller geltenden Betriebsvereinbarungen) ohne größeren Aufwand zur Kenntnis nehmen können - einige Beispiele:
  • durch Aushang am Informationsbrett
  • durch Bereithalten im Betriebsratsbüro oder an einem anderen, leicht zugänglichen Ort (mit Hinweis darauf am Informationsbrett)
  • auf einer Intranet-Website des Betriebsrats (nur als Ergänzung zum "richtigen" Aushängen zulässig)

§ 77 Abs. 1+2

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.


Die Salvatorische Klausel

Oft hört man im Zusammenhang mit Betriebsvereinbarungen den Begriff "Salvatorische Klausel".
Aber was ist das und wozu dient sie. Mehr dazu hier....